Vier Etappen Glück
Vor genau einem Monat habe ich meinen letzten Blogeintrag geschrieben. Er handelte von Balance – Balance im Leben, Balance im Tuen, Finden und Erhalten der Balance.
Vor genau einem Monat bin ich nach Europa geflogen. Etwas erschöpft von viel Arbeit und Schlafmangel, unruhig und etwas besorgt gegenüber meines aus der Balance gekommenen Zustandes. Die Gedanken zu Balance haben mich vier Wochen begleitet und ich bin geistig als auch körperlich zu der Erkenntnis gekommen, dass Balance der Schlüssel zum Glück ist.
Meine Reise begann und endete in der schönen Schweiz. Hier fühle ich mich Zuhause, die Berge meine mentale Herberge, der Spielplatz zum Austoben meines grossen Freiheitsdranges – pures Glück in Form von Wegen, Felsen, Bäumen und Gipfeln. Weiten voller Energien, die mich auftanken, Formen und Farben, die mein Gehirn staunen und mein Herz hüpfen lassen. Licht und Bewegung, die meinen Körper zutiefst befriedigen.
So durfte ich zehn wunderschöne Tage mit wunderbar tollen Freunden und warmen Menschen im Tessin und im Wallis verbringen. Diese erste Etappe sollte eine des Auftankens sein, der Ruhe, des Energie Schöpfens, der tiefen Gespräche, der Einkehr, des Genusses und des inneren Friedens.
Was ich hiervon mitgenommen habe ist der Blick über den Luganer See auf eine dunkelgrüne Bergwand, ein Anblick des Mystischen, das tiefe Blau und Grün des Sees und des Berges, ungetrübt, klar, geheimnisvoll und so einladend. Und das Röhren der unermüdlichen Hirsche.
Der Zauber des Saastals im Wallis lag in der erwachten Erinnerung an die warme Geborgenheit und gleichzeitig an die kühle Einsamkeit des Winters.
Schroffe Felsen, schneebedeckte Wege und Kälte wechselten sich ab mit der Herrlichkeit des Wellness, des Saunaganges und der Wohligkeit der warmen gemütlichen Wohnung. Der Mensch wird massgeblich geprägt von seiner Umwelt – nimmt man sich genug Zeit, spürt man wie der Körper und Geist mitschwingen und sich im Idealfall ein Gleichgewicht einstellt.
Meine zweite Etappe war Grund und Zeitgeber für meine Gesamtreise, sie sollte meine Passion aufleben und mich sie ausleben lassen.
Die erste European Global Surgery Network Conference in Essen war ein Treffen Gleichgesinnter, Mitkämpferinnen, Enthusiasten aus Chirurginnen, Anästhesisten, Politikerinen, Soziologen und vielen Mehr.
Am ersten Tag kannte ich tatsächlich persönlich nur Wenige der Teilnehmenden, am Ende hatte ich das schöne Gefühl ich kenne und es kennen mich alle.
Wenn Gemeinschaft Kern jeder Lösung ist, dann hatte ich hier meine bunte starke mitfühlende inspirierende Gemeinschaft als Antwort auf die Frage der Gerechtigkeit auf dieser Welt gefunden.
Zusammen sind wir stärker, wir können es nicht allein schaffen.
Die fünf Tage in Essen begannen mit Workshops zu OP Techniken, die sich vor allem an interessierte Assistenzärztinnen richteten. Ein Kurs zu Darmnahttechniken habe ich mitbegleitet. Es fanden sich so spannende verschiedene Beiträge von Teilnehmern aus verschiedenen Ländern zu Anastomosentechniken.. und schon unsere Nachbarn aus Holland nähen anders als wir! Eine Erweiterung des Horizonts für alle.
Die Konferenz selbst ging über 2,5 Tage und umfasste ein breites Spektrum der Arbeit die unter Global Surgery zusammengefasst wird - Health Policies, Advocacy, Task Sharing and shifting, specialization vs generalization, technical innovations in low resource settings, Forschung im perioperativem Feld, Decolonization of Global Health. Ich habe einen Vortrag über meine Arbeit im Global Surgery Committee am KCMC und die Reflexion meiner Führungsposition dort gehalten.
Zwischen den Sessions dann das Bilden von Gemeinschaft auch genannt Networking - bei leckerem Essen und gutem deutschen Kuchen.
Und ein einmaliger grossartiger Funken, der dem ganzen Feuerwerk entspringt, ist, dass Team Tanzania den nächsten Kongress 2026 ausrichten möchte und darf! Ihr dürft gespannt sein!
Was ich aus diesen Tage nehme: viele neue Bekanntschaften mit Gleichgesinnten, Bekräftigung meiner Passion, mindestens zwei neue Mentoren und drei neue Mentees.
(Da meiner Ansicht nach Mentorenschaft noch sehr unterbeleuchtet ist in den deutschsprachigen Ländern habe ich alle dazu bestärkt Mentoren und Mentorinnen auf dem Kongress zu suchen.)
Und ich möchte mehr davon!
Voller Energie, Freude, Glückshormonen und Sonne im Herzen ging es so für mich nach Berlin - zu Etappe 3.
Meinen 40. Geburtstag wollte ich nun endlich hier feiern! Und wie ich den gefeiert habe - eine wunderbare Party in einer lockeren und irgendwie wunderbaren Location mit einer Gruppe sehr sympathischer Menschen! Ein Klassentreffen war es dabei auch noch, ein Schwelgen in alten Erinnerungen, mal zum Freuen mal zum Grübeln, alte Trigger hier und da auftauchend, alte Verbindungen, die sich noch wie eh und je anfühlen und das Schöne des gemeinsam Älterwerdens.
Was bleibt mir von meinem seit 10 Jahren längsten Aufenthalt in Berlin? Viel Wärme durch wunderbare Freunde, eine WG-Gemeinschaft, die ich vermissen werde, die erfrischende Buntheit der Stadt und die Erkenntnis meiner neuen Gelassenheit.
Natürlich ist das nachhause kommen nicht nur mit Leichtigkeit verbunden. Und insbesondere die Grossstadt zerrt nach wenigen Tagen an meinen Nerven, die Natur als Ausgleich fehlt mir, die Eindrücke und Menschen zu viele und die Ausblicke zu wenige. Doch die Reise zu sich selbst braucht die Auseinandersetzung mit dem Vergangenen und Wachstum ist hierdurch garantiert.
Die Vierte und letzte Etappe führte mich in meine zweite bzw dritte Heimat, ins Berner Oberland in der Schweiz.
Auch hier warteten warme spannende wohlwollende Menschen und ihre Familien auf mich. Hier konnte ich eintauchen in Arbeitsthemen meiner Vergangenheit und Zukunft, bei Gesprächen mit ehemaligen Kollegen und Chefs sowie Freunden, die ich in den Jahren in der Schweiz gewonnen hatte. Gespräche über das Schweizer Gesundheitssystem und seine Schwächen, die mir aufzeigen, dass es überall so viel zu denken und zu tun gibt und das Systeme funktionieren und trotzdem dysfunktional sein können.
Zu meinem grossen Glück wurde ich mit Traumwetter beschenkt und die Zeit reichte für zwei Energiespendende Bergwanderungen.
Was nehme ich mit aus dem Berner Oberland? Dankbarkeit für das, was ich habe und den Wunsch zurückzukommen.
Beseelt dankbar und beflügelt fühle ich mich nach diesen vier Etappen -- vier Wochen, die sich anfühlen wie ein Leben in einem Leben.
Vielen Dank an Alle, die mich aufgenommen, mir ihre Zeit geschenkt, mit mir gefeiert haben, mich zum Essen und Trinken eingeladen, mir ihre Autos geliehen und mich reich beschenkt haben!
Danke -- Es war eine ganz besondere Reise durch Euch!
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