Zeit zum Fühlen

Gefühle, Bauchgefühl.. Intuition, damit hat mich mein letzter Post abgesetzt. Ich hatte seitdem Gespräche mit Freunden, die mir erzählten, dass es ihnen nicht leicht fällt ihre Gefühle wahrzunehmen, sie zu verstehen, sie zu interpretieren und dadurch Reflektion möglich zu machen. Wann lernen wir das als Kinder und wie? Und ist dieses Phänomen eher ein Problem unter Männern, denen zu lange vorgelebt wurde, keine Emotionen zeigen zu dürfen - bzw Emotionen werden gleichgesetzt mit Schwäche? Oder sind es Traumata bei den Einzelnen die dazu führen, dass sich Menschen nicht spüren, sich nicht selbst lesen können, ein Teil ihrer Selbst abgeschottet bleibt vom bewussten Rest? Fragen über Fragen - und sicher Antworten über Antworten. 



Mein Denken und Handeln ist stark von Gefühlen geleitet. 

Das Schreiben dieses Satzes bereitet mir wiederum ein ungutes Gefühl -  sollte ich nicht besser hauptsächlich von Vernunft, Intelligenz und Ratio gesteuert sein? So wurde es mir beigebracht und in unserer Gesellschaft vorgelebt. Auf der anderen Seite hat das Streben nach Glück einen so hohen Stellenwert bei uns. Ich glaube ganz fest dass persönliches Glück (ich bin mir bewusst, das ist ein komplexer Begriff und dass es wahrscheinlich kein ewigwährendes Glück gibt) nur zu erreichen ist, wenn ich im Einklang mit meinen Gefühlen handle.  Und dafür ist es unumgänglich, dass ich meine Gefühle wahrnehme, verstehe und reflektieren kann. 

Und vielleicht als wichtigste Erkenntnis, Fühlen und Reflektieren sind Übungssache!



Die letzte Woche habe ich wieder alte Freunde besucht, was wirklich sehr schön war. Ein Kurztrip nach Zanzibar, wo ich 2016/17 für HIPZ - Health Improvement Project Zanzibar, gearbeitet hatte. 

Mein Fazit: Die Insel ist unverändert wunderschön. Es hat sich ähnlich wie auf dem Festland viel getan bzgl Ausstattung der Krankenhäuser und der allgemeinen Technologisierung. Und an den grundsätzlichen Schwierigkeiten hat sich nicht viel verändert. 

Besonders schön war es bei einer guten Freundin zu wohnen und das Gefühl von Zuhause - Sicherheit, Komfort und Gewohnheit - zu erleben. 






In Daressalam durfte ich dann noch eine Freundin aus Mwanzazeiten besuchen. Liebe Antke, vielen Dank für die schönen Tage bei Dir - Daressalam wird mir jetzt für ewig als kleines Paradies in Erinnerung bleiben! Vor allem der Austausch zu den Umständen in den Krankenhäusern, der Ausbildung, der Arbeit und dem Umgang mit Frustrationen und dem Leben in Tansania im Allgemeinen waren sehr hilfreich. 



Die Küste ist im tropischen Winter sehr angenehm warm, das heisst man schläft ohne Ventilator und die Klimaanlage in den Innenräumen wird für einige Monate nicht benutzt. Das Vorgefühl zu der Hitze in den Sommermonaten hat mir aber wieder bewusst gemacht, dass ich kein Mensch für die Hitze bin. Also habe ich auch garnicht zu weit meine Fühler ausgestreckt und nach Jobs gesucht... sondern bin wieder zurückgeflogen mit diesem guten Gefühl.

Das Gefühl von Zuhause und irgendwo dazuzugehören konnte ich von der Küste mitnehmen und es breitet sich jetzt auch auf mein Leben hier aus, was sehr schön ist!

Ich habe inzwischen beschlossen, dass ich von September bis erst einmal Oktober in dem Krankenhaus am Fusse des Ngorongoro Kraters unter der Leitung von FAME ehrenamtlich arbeiten möchte. So können das Team, die Leitung und ich uns kennenlernen und gemeinsam schauen, ob eine langfristige Anstellung Sinn macht. 

Das heisst mir bleiben noch ein paar Wochen in Arusha zum Leute kennenlernen, Suaheli lernen, Reisen, Träumen, Fühlen und Reflektieren. 

Wenn ich heute in mich hineinhorche, ist da immer noch das starke Gefühl, dass das hier der Platz ist, an dem ich sein möchte! Wo möchtet ihr sein und seid ihr dort?


Ich freue mich von Euch zu hören!

Ganz liebe Grüsse aus Arusha, am Fusse des Mount Merus


Comments

Danielsinniert said…
persönliche Glück nur dann wenn im Einklang mit den Gefühlen gehandelt wird?

naja - ich hab mal drüber nachgedacht was dies so alles bedeuten kann - ich glaube, dass man auch bewußt gegen seine Gefühle handeln muss, sonst wird man ja ein Spielball seiner Gefühle.

Gefühle sind ein Segen und ein Problem. Wir können nicht ohne sie leben und auch nur schwer mit ihnen.

Ein Segen, weil unsere Gefühle ein wichtiger Aspekt unseres Menschseins sind. Sie dürfen nicht ausgeblendet werden. Gefühle geben uns das Gefühl, lebendig zu sein. Mit „gefühlslosen oder gefühlskalten“ Menschen lässt sich schwer eine Beziehung aufbauen. Ob wir es wollen oder nicht, unsere Beziehungen haben viel mit Gefühl zu tun.

Auf der anderen Seite haben wir mit unseren Gefühlen oft Probleme. Zum Beispiel dann, wenn die eigene Gefühlslage zum einzig ausschlaggebenden Faktor wird. Mit Menschen, die nur aus dem Bauch heraus leben, ist schwer umzugehen. Oft sind sie sehr darauf bedacht, dass es ihnen gut geht. Andere Menschen werden darüber hinaus vergessen und außer Acht gelassen.

Gefühle sollten nicht das Leben kontrollieren - sie sind da, sie müssen zugelassen werden und man kann sie sich mit seiner ratio anschauen - dafür haben wir ja unser Hirn.

Unsere Gefühle dürfen nicht einfach ein unkontrolliertes Eigenleben führen. Oder dürfen sie etwa uns und andere zerstören? Sollten Bitterkeit und Eifersucht, Hass und Niedergeschlagenheit den Rest unseres Lebens bestimmen?

Vielleicht sagst du dir ja schon längst: „Ich würde gern etwas daran ändern, wenn ich es nur könnte. Es fällt mir schon schwer, mich gedanklich auf etwas Neues einzulassen, aber mit den Gefühlen ist es noch viel schwerer.“ Ja, es stimmt, Gefühle lassen sich nur schwer oder gar nicht direkt beeinflussen. Aber wir werden erst recht nicht damit fertig, indem wir sie leugnen, sie unterdrücken oder verdrängen.

Es ist so ein dickes Thema mit den Gefühlen, wie wir fühlen, warum wir fühlen...
...ich versuche mein Herz rein zu halten und male mir Bilder in mein Herz die schön sind , die Gutes bedeuten und die gar nicht so viel mit mir zu tun haben.

Salomo, der Verfasser des Buches der Sprüche und ein Mann der das Leben kannte ist da mein Anker. Er schreibt: „Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus quillt das Leben.“. Und an anderer Stelle: „Wer gelassen und ausgeglichen ist, lebt gesund. Der Eifersüchtige wird von seinen Gefühlen innerlich zerfressen.

Und liebe Judith, genau is das was wir in Afrika erfahren - weg vom "Effizienz getriebenen Funktionieren" in der Berufswelt der sogenannten 1. Welt. In Tansania, ob am Kili oder auf Zanzibar oder selbst in Kipepeo betreiben wir Wellness für unsere Seele und für unseren Körper (wenn nicht gesoffen wird (:-)) - und wir werden gelassener und ausgeglichener - denn in dieser afrikanischen "Beziehungswelt" lebt es sich gesünder... ich bin vom 9-18. Sept. mit knapp 20 Leuten in Tansania auf Projekttour aber die letzte Woche im September bin ich frei... - und voraussichtlich in Iringa! Karibu sana...

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